Freitag, 25. Januar 2008

zum tee im haus kreienhoop

fünfhundert kilometer von friesland nach berlin. bremen, hamburg, neuruppin... ein langer weg, den eine fernbeziehung mit sich bringt. aber auch eine gute gelegenheit, einmal einen abstecher nach nartum zu machen, dem ort, in dem der schriftsteller walter kempowski 35 jahre lang lebte und arbeitete. die strassen entlang zu gehen, die kempowskis alltag bestimmt haben, das haus kreienhoop zu sehen, walter kempowskis domizil, über das er einmal sagte, er habe sich über dieses haus so viele gedanken gemacht, wie über jeden seiner romane. nartum ist ein kleiner ort, kreienhoop schnell gefunden. es liegt in einer ganz normalen strasse, anders als zu lesen war ausserhalb des ortes. nicht minder beeindruckend indes. der weitläufige, parkähnliche garten, das immer wieder erweiterte haus, nicht einmal die schafe fehlen. es ist tatsächlich genau so, wie es kempowski in romanen wie „hundstage“ oder „letzte grüsse“ immer wieder detailliert beschrieben hatte. wahnsinn.

ein bischen komme ich mir vor wie ein blöder tourist. kreienhoop ist schliesslich kein museum, sondern nach wie vor das zuhause von kempowskis ehefrau hildegard. trotzdem, einmal die front auf und ab laufen, vor der auffahrt stehen, die der dichter immer wieder passiert haben muss. da sehe ich hildegard kempowski im garten, sie geht mit dem hund spazieren. sie grüsst mich von sich aus, ich grüsse zurück, schicke mich aber an, weiterzugehen. ob ich hier im regen spazieren gehe, fragt sie mich. da bricht es aus mir heraus. dass doch hier walter kempowski gelebt habe, dass ich ihn lese, dass ich über ihn arbeite, dass ich ja auch schreibe... „na so etwas“ sagt frau kempowski und „na, dann kommen sie mal rein!“. wow.

natürlich hatte ich im stillen gehofft, kreienhoop einmal von innen zu sehen, aber so unangemeldet und es ist ja schliesslich ein privatgrundstück...
schliesslich begleite ich hildegard kempowski auf dem rundweg durch den garten, sie zeigt mir skulpturen, büsten von literaten und komponisten, noch zu lebzeiten ihres mannes aufgestellt. der rundweg, genau wie kempowski ihn den schriftsteller alexander sowtschick in „hundstage“ immer wieder gehen lässt, wenn dieser versucht, sich auf seinen neuen roman zu konzentrieren. alles genau so. immer wieder höre ich mich das sagen.
der keller stehe gerade unter wasser, erfahre ich, ja richtig, in niedersachsen fällt dauerregen und überschwemmungen sind an der tagesordnung. wie in „letzte grüsse“ sei das, sage ich, da stehe der keller doch auch unter wasser und frau kempowski muss lachen.

schliesslich sitzen wir beide im haus, vor dem kamin mit dem offenen feuer, trinken tee und sprechen über das werk kempowskis, über berlin und über die verödung der innenstädte. wenn sie von dem schriftsteller, ihrem mann spricht, spricht sie von „kempowski“. wie ich zu kempowski gekommen sei? über „bloomsday `97“ sage ich, nein, dass sei ja bemerkenswert. ich sitze sehr weit vorn auf dem stuhl, etwas von einer kathedrale hat dieser ort, hier, auf diesem stuhl mag der dichter selbst gesessen haben.
hildegard kempowski muss den hund versorgen, „schauen sie sich ruhig um“ sagt sie und öffnet mir eine seitentür. unsicher tappe ich allein durch das grosse haus. kreienhoop gleicht schon jetzt einem kempowski museum. im flur all seine werke, verschiedene ausgaben in den verschiedensten sprachen der welt, der flügel, der büchergang... sogar walter kempowskis personalausweis ist hinter glas zu sehen. wahnsinn, das alles hier.

das ich mir als nächstes kempowskis tagebücher vornehmen werde, erzähle ich ihr noch und sie rät mir, mit „sirius“ zu beginnen, das sei „sehr amüsant“. und dass man, bevor man sich an das „echolot“ macht „culpa“ lesen sollte, gibt frau kempowski mir noch mit auf den weg. es sei ja sehr nett gewesen, sagt sie zur verabschiedung, absolut, das fand ich auch und bedanke mich für den überaus freundlichen empfang. und werbung für die literaturnachmittage im haus kreienhoop solle ich doch machen. selbstverständlich:

walter kempowski, gelesen von seiner frau hildegard und gästen des hauses, kreienhoop, nartum, jeden ersten mittwoch im monat, ab märz wieder, informationen und anmeldung unter 04288/520, frau schnars.

auf wiedersehen in kreienhoop!

Keine Kommentare: